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Band I-IV

Der Name Stradivari ist 300 Jahre nach seinem Schaffenshöhepunkt mehr denn je ein Synonym für allerhöchste Qualität von Handwerkskunst mit artistischem Anspruch.

So haben Generationen von Geigenbauern in der Vergangenheit immer wieder versucht ihrem Idol ein Stückweit näher zu rücken, seine Geigen zu kopieren oder ihre Geigen in aufwendigen Versuchen mit den Seinen verglichen. Stets galt als absoluter Maßstab eine Geige des Mannes aus Cremona. Zahlreiche Wissenschaftler bemühten und bemühen sich, den Werken Stradivaris ein „Geheimnis“ zu entlocken, sei es durch das Vermessen der Instrumente, der Analyse des verwendeten Holzes oder natürlich dem Analysieren des einzigartigen Geigenlackes. So wuchs die Faszination an den Werken Stradivaris, selbst wenn man heute bei näherer Betrachtung feststellen muss, dass es kein wirkliches „Geheimnis“ gibt. Richtig ist jedoch, dass Antonio Stradivari seiner Zeit weit voraus war in Bezug auf die Formvollendung, die Weiterentwicklung der Instrumenten-Statik und der Perfektionierung der Lackqualität. Richtig ist auch, dass es bis heute keine wirklich Bahn brechenden Weiterentwicklungen gegeben hat.

Über dem Vermächtnis von Antonio Stradivari schwebt deshalb zu Recht ein Mythos der vor allem die größten Solisten wie Joseph Joachim, Bronislaw Hubermann, Yehudi Menuhin, David Oistrach, Gidon Kremer und Anne-Sophie Mutter – um nur ein paar wenige zu nennen – fasziniert und beflügelt hat.

Seit 1998 widme ich mich intensiv der Publikation und Dokumentation von Streichinstrumenten. Es hat mich immer gereizt die wunderbaren Preziosen mit Hilfe der neuesten Foto- und Drucktechnik in Form eines Bilderarchivs und Fotobildbänden der Nachwelt zu erhalten. Die rasante Entwicklung der Digitalfotografie war hierbei für mich eine enorme Herausforderung, die sich immer mehr als Chance für eine perfektere, naturgetreuere Wiedergabe darstellte.

Bei meiner langjährigen Recherche nach geeigneten Instrumenten für die Buchserie „Italian & French Violin Makers“ bekam ich immer öfter „Stradivaris“ angeboten. Recht bald war die Idee geboren, eine Monographie über diesen grossen Cremoneser Meister anzufertigen. Niemand von uns hat zu Beginn des Projektes geahnt, wie viel Interesse für diese Publikation weltweit bestehen würde. Zudem wurden mir im Laufe der Zeit eine Hilfsbereitschaft seitens der Kollegen, Musiker, Museen und Institutionen zuteil, die mir die Arbeit und Recherche enorm erleichtert hat. Zu meiner großen Freude wuchs unser Stradivari Projekt über die anfänglichen Dimensionen von 1-2 Bänden bald hinaus und heute, nach Drucklegung der vorliegenden vier Bände, ist es mein Wunsch auch noch die restlichen Instrumente in den nächsten Jahren zu erfassen und als Ergänzungsbände herauszugeben.

Ein solches Projekt verlangt ein Team von Spezialisten.

Ich bin sehr froh bei der Wahl meines Teams eine glückliche Hand gehabt zu haben und bedanke mich schon an dieser Stelle für die ausserordentliche kompetente, zuverlässige und freundschaftliche Zusammenarbeit.

Jan Röhrmann hat die großen Museen und Sammlungen in Europa und den USA besucht. Seine differenzierte und sensible Art der Darstellung von Streichinstrumenten hat die Verantwortlichen überzeugt und eine wohlwollende Aufnahme unseres Projektes ermöglicht.

Die langjährige Verbindung zu Florian Leonhard, der sich als Stradivari Experte international einen Namen gemacht hat, gab uns die Sicherheit einen renommierten Experten an unserer Seite zu wissen. Ich danke ihm insbesondere für seine umfangreiche Hilfestellung bei der Akquise zahlreicher Instrumente, die zum großen Teil bereits durch seine Hände gegangen waren. Auch in seiner Eigenschaft als Restaurator war Florian Leonhard bei der Beurteilung der Instrumente von unschätzbarer Wert. Nicht zuletzt sein umfassender Textbeitrag „Antonio Stradivari: His World and Legacy“ ist eine wertvolle Bereicherung für diese Publikation.

Die Kunsthistorikerin Alessandra Barabaschi war in unserem Team verantwortlich für die Texte zu den einzelnen Exponaten. Akribisch hat Sie die Literatur studiert, Dokumente recherchiert und sämtliche Unterlagen und Zertifikate zu den Instrumenten eingesehen. Spannend zu lesen, wie viele Instrumente in der Vergangenheit miteinander verwechselt oder unter verschiedenen Namen geführt wurden. Auch offensichtliche Fehler in der Datierung der Instrumente konnten in Zusammenarbeit mit Florian Leonhard aufgedeckt, untersucht und korrigiert werden.

Zu einigen Instrumenten waren nur noch Kopien der Zertifikate erhalten oder es waren selbst diese nicht mehr aufzufinden, verschollen, verbrannt oder vernichtet in den Wirren der Geschichte...

Alessandra Barabaschi hat mit ihren Texten eine Einordnung der abgebildeten Instrumente in das Gesamtwerk Stradivaris vorgenommen und neben der Provenienz der Vorbesitzer manch unbekannte Fakten herausgearbeitet. Als gebürtige Italienerin, die mehrsprachig aufwuchs, war es ihr vergönnt sich ohne große Schwierigkeiten den Zugang zu den existierenden Dokumenten zu verschaffen.

Es ist uns eine große Freude, dass wir zwei weitere international ausgewiesene Experten für dieses Projekt haben begeistern können, die ihr Wissen über Antonio Stradivari für uns niedergeschrieben haben.

Carlo Chiesa ist den meisten Kennern italienischer Geigen nicht nur durch seine umfassende Publikation über das von ihm entdeckte Testament Stradivaris bekannt sondern auch durch viele andere Publikationen, die zahlreiche Facetten des Geigenbaus beleuchten. Mit seinem Essay wird auch dieser wichtige Bereich Stradivaris in unserem Werk in angemessener Form behandelt.

Last but not least schreibt Simon Morris, Director of J&A Beare Ltd. einen Artikel über „The Preservation of Antonio Stradivari´s Instruments“. In den letzten Jahrzehnten war die Firma J&A Beare Ltd. im Bereich Restaurierung, Handel und Expertise von Cremoneser Streichinstrumenten nicht wegzudenken und wir profitieren gerne von der reichhaltigen Erfahrung dieses traditionsreichen Unternehmens.

Im Druckbereich gab es in den letzten Jahren immer wieder enorme Fortschritte zu verzeichnen. Die „Drip-Off “ Technik, die wir erstmalig bei dieser Publikation für die Wiedergabe der Instrumente gewählt haben, ist kürzlich erst in verfeinerter Form auf den Markt gekommen und von unserer Druckerei Welzel + Hardt auf „Heidelberger“ Maschinen in beeindruckender Weise umgesetzt worden. Mit der Drip-Off Technik (wörtlich: abtröpfeln) machen wir uns eine Technik zu Nutze, die es uns ermöglicht die Geigenlacke in einer dem Original sehr nahe kommenden Weise abzubilden. Hierbei wird im letzten Farbwerk der Druckmaschine ein spezieller Öldruck-Mattlack auf die gewünschten matten Flächen der Druckform (hier die Hintergründe der Instrumente) aufgebracht. Im nachgeschalteten Lackwerk wird dann vollflächig glänzender Dispersionslack appliziert, der die Lackfläche der Instrumente, die durch das ohnehin glänzende Papier schon hervortreten, nochmals in ihrer Leuchtkraft verstärkt. Dieser Dispersionslack perlt an den zuvor matt lackierten Stellen vollständig ab. Durch die unterschiedliche Oberflächenbeschaffenheit und dem starken Kontrast zwischen matten und glänzenden Flächen, lassen sich die abgebildeten Instrumente auch ohne künstliche und verfremdende Farbeffekte in einem natürlichen Erscheinungsbild drucken. Unnatürliche, störende Spiegelungen, die durch Lichtbrechungen von künstlich einfallendem Licht oft entstehen und das Betrachten der Bilder erschweren, entfallen bei der Anwendung dieser „Drip-Off Technik“ völlig.

Mit dem speziellen „Raster“ erreichten wir darüber hinaus eine extrem präzise Wiedergabe, die uns in der Testphase schnell überzeugt hat. Den Hintergrund haben wir wie auch in meinen bisherigen anderen Publikationen „natürlich weiß“ belassen, da jede andere Hintergrundfarbe die Farbwirkung des Instruments verfälscht hätte und dunkle Hintergründe aus Erfahrung das Auge des Betrachters zunehmend ermüden.

Bei den Maßangaben der Instrumente haben wir wie schon in der Vergangenheit auf die Angabe der Decken- und Bodenstärken verzichtet. Diese Maße wären rein spekulativ gemessen an der Chance ihrer Originalität. Ein Großteil der Instrumente wurde im Laufe der Jahrhunderte vermutlich in den Decken- und Bodenstärken nachgearbeitet. Einige Wölbungskurven sind auf der beiliegenden DVD (zu finden hinten im Buchdeckel des ersten Bandes) abgebildet. Auch sie sind nur bedingt als original zu verwerten, da die Technik der Kurvenabnahme bei solch empfindlichen Instrumenten nur schwer einzusetzen bzw. erlaubt ist.

Auf der DVD haben wir für Sie eine Aufnahme mit dem Solisten Koh Gabriel Kameda eingespielt. Er spielt die Stradivari „Holroyd“ aus dem Jahre 1727. Die Aufnahme lässt die Klangqualitäten einer Stradivari erahnen und haucht der Publikation auch ein „hörbares Erleben“ ein.

Nicht jede Stradivari ist in Schönheit und Klangqualität allen anderen Instrumenten, sei es aus der Hand eines Andrea Amati, Giuseppe Guarneri del Gesù, G.B. Guadagnini oder eines Francesco Pressendas überlegen. Die verständlichen Schwankungen in der Qualität einer Produktion von geschätzten 1000 Instrumenten sind auch hier zu berücksichtigen. Diverse Alterungsprozesse haben sicherlich dem einen oder anderen Instrument mehr oder minder zugesetzt. Doch hat es immer Sammler gegeben, die ihre „Schätze“ behutsam durch die Zeit getragen und vor Beschädigungen geschützt haben. Jede Stradivari hat ihre eigene Geschichte, und die Mehrzahl dieser Instrumente tragen heute stolz die Namen ihrer prominenten Vorbesitzer als einen Hinweis auf ihre individuelle und teils bewegte Geschichte.

Ich wünsche Ihnen nunmehr viel Freude in der Welt des Meisters aus Cremona und hoffe darauf, dass Sie die Faszination an seinem Werk mit uns teilen werden.